Statement zum Umgang mit auffälligem Verhalten von Kindern und dem Einsatz von "Erziehungsprogrammen", Schlaflern-, Trennungs- und Essenstrainings:
Kinder verhalten sich in einer krankmachenden Umwelt oft sehr „gesund“. So merkwürdig es klingt: Gesund deshalb, weil ihr kleines Nervensystem Strategien entwickelt (entwickeln muss) um in einer für sie schwierigen Umgebung quasi zu überleben:
Alle Menschen, große und kleine, haben Grundbedürfnisse. Um zu überleben, müssen diese zu einem Mindestmaß erfüllt sein.
Dabei kann man zwischen körperlichen und emotional-seelischen Bedürfnissen unterscheiden. Zu den körperlichen zählen zum Beispiel Essen, Trinken und Schlafen. Unseren Gefühlen liegen verschiedene emotionale Grundbedürfnisse zugrunde. Wir wissen heute aus der Psychologie und Psychotherapie, wie wichtig es ist, dass Menschen einen guten Zugang zu ihren emotionalen Grundbedürfnissen und deren Erfüllung haben.
Als Erwachsene sind wir selbst verantwortlich dafür, unsere eigenen Bedürfnisse zu stillen und für ein ausreichendes Gleichgewicht zu sorgen. Je besser der Zugang zu unseren Bedürfnissen ist und umso mehr wir gelernt haben, auf uns selbst zu achten, die Grundbedürfnisse zu erfüllen oder eine Schieflage angemessen auszugleichen, desto glücklicher und gesünder können wir in unserem Leben sein. Kinder können das noch nicht selbst. Sie sind auf die Zuwendung und Co-regulation von Erwachsenen angewiesen. Bleibt dies aus, geraten sie zunehmend in eine tiefe seelische Not, denn der Mangel auf emotionaler Ebene wird größer und größer werden – Kinder entwickeln dann die erwähnten „Überlebensstrategien“.
Diese Überlebensstrategien werden häufig von der Umwelt und aus meiner Erfahrung auch oft von Fachleuten missverstanden und nicht im Sinne von Bindung und Beziehung und der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse gedeutet, sondern missinterpretiert. So passiert es, dass das wertvolle Signal, was Kinder mit ihrem für die Umwelt oft sehr anstrengenden Verhalten zeigt und die tiefe innere Not der Kinder nicht gesehen bzw. übersehen werden.
Dabei ist das Verhalten als ein in sich sinnvoller, wesentlicher und wertvoller Hinweis auf einen innerseelischen Zustand, genauer gesagt auf ein ungestilltes Grundbedürfnis (z.B. Sicherheit, Verbundenheit, Zugehörigkeit uva.) zu lesen. Das Kind weist also mit seinem – für die Umwelt als auffällig wahrgenommenes Verhalten – auf eine tiefliegende emotionale Notsituation hin.
Wenn die Umwelt das Kind in dieser Not nicht erkennt, das kleine Systemchen nicht co-reguliert und so die wesentlichen emotionalen Bedürfnisse (z.B. Trennung, statt Sicherheit oder auch Ausschluss, statt Verbindung durchsetzt) nicht erfüllt, bleibt das Kind – emotional völlig überfordert – alleine und mit seinen unerfüllten Bedürfnissen verzweifelt zurück.
Wird also das Verhalten nicht als wertvolles Signal, sondern lediglich als störend und unerwünscht eingeordnet und bewertet, werden Maßnahmen zur Verhaltensanpassung gesucht, die das Verhalten abstellen und ein erwünschtes Verhalten beim Kind etablieren sollen und hierbei Verhaltenstrainings, Schlaf- und Esstrainings eingesetzt, dann lernt das Kind unter Umständen zwar, sich anzupassen und sich entsprechend zu verhalten, es lernt jedoch nicht, sich selbst zu regulieren. Sein Nervensystem wird so weiterem Stress (Trennung, statt Sicherheit, Ausschluss statt Verbindung) ausgesetzt sein, der Zustand verfestigt sich, das System resigniert. Dabei braucht das Kind eine Form von "Nachnähren" der emotionalen Grundbedürfnisse, es braucht Sicherheit und Beruhigung, zugewandte Bindungs- und Bezugspersonen, zuverlässige Bindung und konstruktive Beziehung und möglichst viel Erfahrung mit Zufriedenheit und dem wunderbaren satten Gefühl, angenommen und geliebt zu sein, so wie man ist.
Es ist unsäglich, dass diese wesentlichen entwicklungspsychologischen Erkenntnisse, die Forschungsergebnisse aus der Bindungs- und Säuglingsforschung, aus der Neurobiologie und der Trauma- und Therapieforschung an vielen Stellen ignoriert und sogar gegen diese nach wie vor und ganz bewusst agiert wird und dass ein öffentlich rechtlicher Sender dazu beiträgt, dass völlig veraltete und sogar schädliche Methoden weiterhin als "Geheimnis der guten Erziehung" weiter in unserer Gesellschaft verankert und so erhalten werden. NEIN!
Das Geheimnis guter Erziehung ist vorallem eine gute Beziehung, die auf einer sicheren Bindung zu unseren Bezugspersonen basiert und eine feinfühlige Begleitung der Kinder durch verantwortliche Erwachsene! Das das nicht immer leicht ist, wissen alle Eltern und das hat vor allem damit zu tun, dass wir als Eltern nicht immer eine feinfühlige Begleitung hatten und liegt nicht im Kind an sich begründet.
Es bleibt festzuhalten: Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene, verantwortlich mit unserer Macht umzugehen und sie nicht zu missbrauchen, um Kinder an ein von uns gewolltes Verhalten anzupassen.
Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene sich für ein gewaltfreies und gesundes psychisch und physisches Aufwachsen von Kindern einzusetzen - gerade im klinischen und therapeutischen Setting.
Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene, immer wieder feinfühlig nachzuspüren, welche emotionalen Bedürfnisse hinter einem Verhalten von Kindern liegen, das Verhalten im Sinne der emotionalen Bedürfnisse zu lesen, es zu verstehen und entsprechend in Verbindung, wertschätzend - auch und gerade im Konflikt - darauf zu reagieren.
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© Katia Saalfrank
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