Eine Mutter kommt zu mir in die Familienberatung und berichtet von den Einschlafproblemen ihrer neun Monate alten Tochter. Sie habe in den vergangenen Monaten schon alles probiert und sei am Ende ihrer Kräfte. Dabei habe sie sich genau an die Anweisungen gehalten, die sie erhalten habe, und einen Plan aufgestellt, in welchem Rhythmus und in welchen Zeitabständen sie ins Zimmer ihrer Tochter gegangen sei. Es falle ihr schwer, den Plan einzuhalten. Sie könne Luise nicht weinen hören und habe dann immer wieder den Impuls hineinzugehen und sie zu beruhigen. Auch ziehe Luise sich hoch und stehe dann immer wieder im Bettchen, weine laut und strecke ihr die Arme entgegen. Sie habe dann eine andere Methode empfohlen bekommen und angewendet, die „Tür-auf-Tür-zu-Methode“. In dem Ratgeber sei eine Art Spielregel beschrieben worden: Sie als Mutter solle die Tür immer sofort wieder schließen, sobald das Kind aus dem Bettchen aufstehe. Dies solle sie so lange tun, bis das Kind schließlich liegenbleibe und eingeschlafen sei. Auch hier habe sie große „Bauchschmerzen“ gehabt, die Methode anzuwenden. Luise habe furchtbar geweint und Angst gehabt." Was passiert hier?
Das Kind wird qua Elternmacht gezwungen, liegen zu bleiben. Es lernt dies durch (eine neue) Angst – nämlich die Angst vor der Dunkelheit, die die alte Angst unterdrückt. Außerdem lernen Kinder in solchen Situationen auch: „Meine Eltern sind nicht da, wenn ich Angst habe, und ich muss selbst mit mir zurechtkommen und mich alleine beruhigen.“ Manche Kinder bekommen das gut hin. Andere Kinder wiederum, wie Luise, werden zusätzlich verunsichert.
Eltern müssen sich selbst darüber bewusst werden, was sie für ihre Kinder wollen. Als Familienberaterin kann ich nicht sagen, was Eltern wollen und denken und fühlen sollen. Ich kann nur die verschiedenen Ziele, die Eltern haben, gemeinsam mit ihnen abwägen und ihnen sagen, welche Auswirkungen ein bestimmtes Verhalten auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern hat. Sicher ist die beschriebene Methode einfach anzuwenden. Und das kurzfristige Ziel, das Kind zum Schlafen zu bringen, wird unter Umständen auch erreicht. Ist das Ziel jedoch, eine Beziehung zu unseren Kindern zu gestalten, die auf Vertrauen und Sicherheit basiert, so ist die Wahrscheinlichkeit, dieses Ziel zu verfehlen, relativ hoch. Denn die individuellen Bedürfnisse von Mutter und Kind werden bei dieser Methode nicht berücksichtigt – langfristig kann das zu enormen Beeinträchtigungen in der Kindesentwicklung führen.
Luise braucht keine Methode, um schlafen zu lernen. Luise braucht vor allem ihre Mutter, die sich auf eine Beziehung zu ihr einlässt und ihr entsprechende Antworten auf dieser Ebene gibt. Es gibt Gründe dafür, dass Luise nicht gut schlafen kann - teilweise sind diese in der Beziehung, teilweise auch in der Entwicklung selbst zu finden. Sie ist verunsichert und braucht jetzt eine besonders vertrauensvolle Umgebung und Atmosphäre und eine Sicherheit gebende und liebevolle Bezugsperson.
Hier findest du mehr zur Bindungs- und Beziehungsorientierte Pädagogik von Katia Saalfrank.
Termine auf: www.familiensprechstunde-saalfrank.de